Vom verwilderten Areal zum nutzbaren Schrebergarten | RADIO ENERGY

2022-11-14 15:11:16 By : Mr. Alvin Huang

Was du brauchst und wie du vorgehst

Nach langen Jahren, in denen es anders aussah, liegt Schrebergärtnern heute auch bei jungen Menschen wieder stark im Trend – allerdings so sehr, dass es in vielen Regionen jahrelange Wartelisten für Parzellen gibt. Häufig jedoch existiert ein Ausweg abseits solcher gepflegten Laubenkolonien: Vor langer Zeit aufgegebene und dementsprechend völlig verwilderte private Gartengrundstücke.  Wenn Mutter Natur allerdings einige Jahre Zeit hatte, um ein Areal zu übernehmen, dann wird die Rückgestaltung zum ansehnlichen und nutzbaren Freizeitgarten schweißtreibend. 

Mit einer ordentlichen Portion Eigeninitiative, Muskelkraft und Technikeinsatz lässt sich allerdings alles wieder herrichten – sogar oft für vergleichsweise wenig Geld. Nebenbei schaffst du dir für die Umgestaltung einen Werkzeugpool an, den du in weiterer Folge als Hobbygärtner sowieso hervorragend gebrauchen kannst. Wir zeigen dir, wie es in der Praxis geht.

Mit den bloßen Händen kannst du gegen einen solchen Wildwuchs gar nichts ausrichten. Wenn du dir dein Grundstück gesichert hast, ist deshalb erst einmal Geldausgeben angesagt. 

Dazu gleich ein Tipp: Zubehör und Verbrauchsmaterialien wie Sägeblätter, Schutzbekleidung, Akkus und Ähnliches solltest du unbedingt neu kaufen. Bei den eigentlichen Werkzeugen lohnt sich jedoch immer ein Blick in die einschlägigen Kleinanzeigenportale: Andauernd geben Privatgärtner und Heimwerker ihr Hobby auf oder kaufen sich neue Tools. Vielfach kannst du deshalb gebrauchte Werkzeuge für teils sehr kleines Geld bekommen. Besonders zum Ende der Gartensaison ist die Chance für Schnäppchen dieser Art sehr groß. 

Vielleicht möchtest du später deinen Garten ökologisch einwandfrei betreiben und mitunter die dortigen Arbeiten sogar als ziemlich effektives Workout betrachten. Diesbezüglich ist es völlig okay, wenn du motorisierten Werkzeugen etwas kritisch gegenüberstehst. Wenn es jedoch darum geht, überhaupt erst dieses Wildareal zu einem Garten zu machen und diesen fertig auszugestalten, kommst du bereits aus Gründen der Zeitersparnis kaum um einige leistungsfähige Helfer herum. Folgendes brauchst du:

Je nachdem, wie die Strom-Situation in deinem Garten aussieht, empfiehlt sich zudem ein Stromerzeugeraggregat. Damit kannst du nicht nur Werkzeug-Akkus aufladen und Geräte antreiben, sondern Kaffee kochen oder vielleicht eine kleine Kühlbox betreiben.

Selbst mit diesen motorisierten Helfern wird ein verwildertes Areal nicht von selbst zum Garten. Und der wiederum wird dir immer wieder Arbeit und Muskelschmalz abverlangen, um schön auszusehen und dir köstliche Genüsse zu bescheren. Ohne einige handbetriebene Werkzeuge geht es deshalb nicht.

Tipp: Selbst, wenn es heute viele Gartenwerkzeuge mit Kunststoffstiel gibt, so ist Holz meist die bessere Alternative. Bei ersteren ist der Austausch des Stiels aus Konstruktionsgründen oft nicht möglich, wohingegen du bei letzterem immer einen neuen Holzstiel bekommen und einsetzen kannst.

Zudem solltest du etwas Geld für eine wirklich gute Multifunktionsleiter aus Aluminium ausgeben. Diese lässt sich nicht nur als Anlehn- und Stehleiter verwenden, sondern obendrein als niedriges Gerüst – großartig, wenn du etwa einen Baum nur stutzen oder ein Gartenhäuschen decken möchtest.

Prinzipiell hast du damit alles, was du benötigst. Damit solltest du nicht nur das Areal räumen, sondern später den Garten ständig in Schuss halten können. Zwar gibt es noch eine Menge weiterer handbetriebener Werkzeuge. Diese sind jedoch spezifischer und werden erst mit steigender Gärtner-Expertise oder bei speziellen Pflanzen wirklich notwendig. 

Das Werkzeug ist da, aber der Garten sieht immer noch aus wie ein Dschungel. Doch obwohl du vielleicht am liebsten die Säge schwingen möchtest, ist es bei einem solchen Projekt wirklich nötig, ganz gezielt vorzugehen. 

Selbst in einem verwilderten Garten gibt es vielleicht manches, was du (in zurechtgestutzter Form) nach der Fertigstellung behalten möchtest. Und sowieso empfiehlt es sich dringend, sich vor dem ersten Handschlag darüber Gedanken zu machen, wie das Areal später aufgeteilt werden soll.

Für den Anfang solltest du deshalb so vorgehen:

Dieser Plan muss in einem so frühen Stadium nicht bunt und detailliert sein – nicht einmal endgültig. Er gibt dir jedoch eine grobe Richtlinie, wie du vorgehen möchtest – schließlich würde die "tabula rasa"-Methode ein wertvolles Biotop zerstören. Das solltest du schon mit Blick auf Umwelt- und Naturschutz vermeiden.

Der Garten mag zwar dir gehören oder von dir gepachtet sein. Deshalb darfst du darin aber noch lange nicht alles tun, was du möchtest. Dagegen stehen nicht nur die Naturschutzgesetze von Bund und Ländern, sondern mitunter weitere Vorgaben.

Letzten Endes geht es dabei nicht nur um Naturschutz, sondern Verhinderung teurer Bußgelder. Hier kennen viele Behörden kein Pardon. Ein unerlaubt gefällter Baum kann schnell tausende Euro kosten.

Übrigens empfiehlt es sich generell, die Umgestaltung im Winterhalbjahr durchzuführen. Erstens ist es dann kühler, die Arbeiten fallen dir leichter. Zweitens macht das abgefallene Laub dir alles einfacher. Drittens ist die Chance geringer, dabei Nachbarn zu stören.

In einem derart wilden Garten gibt es prinzipiell drei Ebenen: 

Wenn du hierbei in der falschen Reihenfolge agierst, ist Chaos praktisch vorprogrammiert. Das wäre in etwa so, als würdest du in einer neuen Wohnung zunächst die Möbel aufbauen und dann erst tapezieren. Mit der folgenden Reihenfolge liegst du genau richtig:

Erst, wenn das geschehen ist, solltest du dich Bäumen und baumartig-hohen Sträuchern widmen (etwa Haselnuss), zudem Hecken. Komplettes Entfernen sollte dabei jedoch nur deine letzte Option sein. Denn: Kleine Pflanzen wachsen innerhalb weniger Jahre nach. Bis ein neuer Baum oder eine Hecke jedoch wieder so hoch ist, vergehen teils Jahrzehnte.

Insbesondere bei Fruchtgehölzen solltest du deshalb deine Pläne konsultieren. Gesunde Großgehölze gänzlich zu entfernen, ist fast nie nötig. Säge zudem nicht einfach nur drauflos. Erhaltenswerte Fruchtgehölze müssen sehr gezielt geschnitten werden. Hierzu besorgst du dir am besten entsprechende Literatur. 

Tipp 1: Säge Gehölze niemals einfach nur auf Bodenniveau ab. Das gibt später die größten Probleme beim Rasenmähen. Hier gibt es kaum eine Alternative zum schweißtreibenden Ausgraben der Wurzeln.

Tipp 2: Was du nicht als Brennholz (denke an deinen späteren Grill oder eine Feuerstelle) verwerten magst, kannst du in einer Ecke entweder zu einem Totholzhaufen oder einer sogenannten Benjeshecke aufschichten. Beides ist ein hervorragender Lebensraum für Insekten und andere kleine Gartenbewohner. 

Tipp 3: Lass bei der Einfriedung alle paar Meter zirka 10 x 10 Zentimeter große Löcher auf Bodenniveau – nicht zuletzt Igel werden es dir danken.

Tipp 4: Wenn du im Garten auf sogenannte Neophyten triffst, dann solltest du sie ausgraben und verbrennen. Sie mögen zwar schön sein, sind aber durch Verdrängung eine Gefahr für einheimische Pflanzenarten. 

Dein Garten nimmt jetzt so langsam Formen an. Zumindest ist alles weg, was wirklich nicht mehr benötigt wird. Der erste Schritt des Wiederaufbaus besteht nun darin, die festen Elemente umzusetzen.

Zunächst solltest du deshalb abermals deinen Gartenplan mit der Realität abgleichen und gegebenenfalls abändern. Dann wird es schweißtreibend, denn es stehen die Gartenwege, der Grillplatz, vielleicht eine Terrasse oder gar das Fundament eines Gartenhäuschens auf dem Programm. 

Tipp 1: Lege die Wege gern geschwungen an. Das lässt sie natürlicher und weniger streng-geometrisch wirken.

Tipp 2: Begnüge dich nicht damit, einfach bloß Platten und Ähnliches ins Erdreich einzulassen. Dann wackeln sie schnell. Hebe stattdessen den Bereich zirka 30 Zentimeter tief aus, fülle ihn mit günstigem, feinem Recycling-Schotter und klopfe diesen mit senkrecht gehaltenem Vorschlaghammer fest. 

Tipp 3: Wenn der Boden zu stark verkrautet/verdichtet ist, mach dir die Arbeit leichter, indem du die Motorhacke oder gar den Pflug einsetzt, um das Erdreich aufzubrechen.

Spätestens, wenn du Gemüse ziehen möchtest, willst du dich nicht auf Niederschläge allein verlassen. Und mit dem Chillen ist es ebenfalls so eine Sache, wenn das Stromaggregat brummt. Wenn alle festen Objekte installiert sind, wird es deshalb Zeit, dich um Strom und Wasser zu kümmern.

Tipp: Wenn du sowieso unterirdisch Wasserleitungen verlegen möchtest, dann mach dir etwas mehr Arbeit und integriere mehrere Zapfstellen in verschiedenen Gartenbereichen. Dann hast du später weniger Arbeit mit störrischen Schläuchen.

Ein so lange sich selbst überlassener Garten hat einen riesigen Vorteil: Um den Nährstoffgehalt des Bodens musst du dir in den ersten Jahren keine Gedanken machen. Der ist durch die natürlichen Kreisläufe bestens eingestellt. 

Was aber jetzt noch fehlt, sind all die grünen Elemente, die einen Garten erst ausmachen. Was den Zeitplan anbelangt, fallen diese Arbeiten ans Ende des Winters und in den Beginn des Frühjahrs – dann kannst du direkt in die Gartensaison starten:

Tipp 1: Lass die Beete mindestens vier Wochen ruhen, bevor du daran denkst, Pflanzen zu säen oder zu setzen. Die Motorhacke hat die Ökologie des Erdreichs und seine Bewohner kräftig durcheinandergewirbelt. Bis alles wieder in der korrekten Tiefe ist, vergehen einige Wochen. Erst dann wachsen Pflanzen so gut, wie es der Nährstoffgehalt des Bodens ermöglicht.

Tipp 2: Zimmere dir aus Holz und transparenten Dachplatten ein transportables Mini-Gewächshaus. Das kannst du mobil in deinen Beeten nutzen und so besonders früh und spät im Jahr Gemüse genießen.

Tipp 3: Verschwende keine karge Gartenfläche mit einem festen Gewächshaus. Denselben Effekt kannst du mit Folientunneln in deinen Beeten erzielen – ebenfalls mobil.

Tja, und dann ist es nach einigen Monaten harter Schufterei tatsächlich geschafft. Nimm dir einen Gartenstuhl, öffne dir ein Kaltgetränk und lehne dich zurück. Ganz ohne Arbeit wird dein Garten zwar nicht auskommen, wenn er nicht wieder verwildern soll. Was aber in den kommenden Monaten und Jahren ansteht, ist buchstäblich ein Klacks gegenüber den zurückliegenden Arbeiten.